Das Abfotografieren der Erdoberfläche durch Satelliten und Flugzeuge sowie die Zusammenführung solcher Aufnahmen durch die Google-Earth-Software hat schon einige Merkwürdigkeiten zutage gebracht und interessante Entdeckungen ermöglicht. So etwa Geoglyphen, die aufgrund ihrer Größe nur aus der Luft erkennbar werden. Bei manchen Strukturen ist unmittelbar und unzweideutig klar, dass es sich um Artefakte handelt, wie zum Beispiel bei den Nazsca-Linien in Peru. Andere Strukturen wiederum lassen sich plausibel auf Pareidolie zurückführen, d.h. auf die Eigenschaft des menschlichen Gehirns, in zufälligen Mustern bedeutsame Objekte wie etwa Gesichter zu erkennen. Schließlich gibt es auch Fälle, die weder der einen noch der anderen Kategorie klar zugeordnet werden können. Die hier vorgestellte Studie des Monats betrifft die Untersuchung eines solchen Falles, des „Badland Guardians“.

Es ist etwas gewagt, einen Text als Studie des Monats vorzustellen, den ich selbst nur teilweise verstehe, da er grundlegende Probleme der Teilchenphysik behandelt. Als Psychologe habe ich nur oberflächliche Kenntnis dieses Teilgebiets der Physik und manche Aspekte in dem Artikel „sind böhmische Dörfer“ für mich. Dennoch habe ich den Text als stimulierend empfunden, denn deren Autorin, die Physikerin und Wissenschaftsjournalistin Natalie Wolchover, gibt darin einen guten Überblick über die schwierige Situation der Elementarteilchenphysik. In diese Forschung fließen gigantische Summen, ohne dass während der letzten Jahre nennenswerte Erkenntnisse gewonnen worden wären … außer, dass die bisherigen reduktionistischen Lösungsversuche im Finden immer kleineren Teilchen offenbar auf einem falschen Verständnis der physikalischen Realität beruhen. Diesen Beinahe-Stillstand kann man sehr pessimistisch sehen und man könnte der theoretischen Physik und deren Modellen Realitätsferne vorwerfen; oder aber man kann – in einer optimistischeren Sichtweise – eine Situation kurz vor einem wissenschaftlichen Paradigmenwechsel im Sinne der Struktur wissenschaftlicher Revolutionen nach dem Wissenschaftsphilosophen Thomas Kuhn annehmen. Diese Möglichkeit jedenfalls erwähnt Wolchover gleich zu Beginn.

Seit Jahrzehnten inzwischen wird Nahtoderfahrungen (NDE) ein ungebrochenes Interesse entgegengebracht. Das liegt vermutlich daran, dass solche Erfahrungen nicht so selten sind. Man schätzt, dass 4-8% der Bevölkerung einmal im Leben eine solche eindrucksvolle Erfahrung gemacht hat, wobei nicht immer tatsächliche Todesnähe oder Todesgefahr bestanden haben muss. Allein die persönliche Einschätzung daran, sich in einer solchen Situation zu befinden, kann zu einer NDE führen. Ein über die Eigenerfahrung hinausreichender Faktor für das anhaltende Interesse an diesen Erfahrungen ist die Tatsache, dass Berichte über solche Erfahrungen von vielen als starke Indikatoren für ein „Weiterleben der Seele“ nach dem körperlichen Tod gewertet werden. Diese besondere Qualität der NDE bringt auch viele Forscher dazu, nach konventionellen, non-transzendentalen Erklärungsmodellen für das Erleben zu suchen. Die hier vorgestellte Studie des Monats stellt eine solche konventionelle Erklärungshypothese dar, nach der NDE auf dem in der Biologie viel beobachteten Phänomen der Thanatose, also der Schreckstarre bzw. des Todstellreflexes basieren soll.

Thomas Rabeyron ist ein französischer klinischer Psychologe, der an der Université de Lorraine in Nancy arbeitet. Zusammen mit Renaud Evrard, einem GfA-Mitglied, und David Acunzo gründete er 2009 das Centre D’Information de Recherche et de Consultation sur les Expériences Exceptionelles (CIRCEE), eine Beratungsstelle für Personen mit außergewöhnlichen Erfahrungen. Mit dieser Gründung folgten sie dem Beispiel von Beratungseinrichtungen, wie sie auch das Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) in Freiburg besitzt. Diese spezialisierten Institutionen sind notwendig, weil betroffene Personen häufig keine informierten und verständnisvollen Ansprechpartner in der konventionellen Psychologie und Medizin finden. Im Jahr 2013 hatten wir diesem Thema eine GfA-Tagung gewidmet. Inzwischen hat die französische Gruppe wichtige Arbeit in dem Bereich der klinischen Parapsychologie geleistet und unter anderem 2019 ein internationales Expertentreffen in Nancy organisiert. Nun hat Rabeyron einen exzellenten Überblick über die Beratungsarbeit mit Personen mit außergewöhnlichen Erfahrungen in Frontiers in Psychology veröffentlicht, den ich hier als Studie des Monats vorstellen möchte.

Bei Pre-Sentiment-Experimenten, wie sie durch die bahnbrechenden Studien von Daryl Bem bekannt geworden sind, tritt das Phänomen auf, dass eine physiologische Reaktion auf einen Stimulus, also in dem Fall ein zufällig aus einem Bilderpool ausgewähltes angenehmes oder unangenehmes Bild gemessen wird, bevor der Zufallsprozess zur Auswahl überhaupt stattgefunden hat. Dieses Phänomen wird dem Bereich der Präkognition zugeschrieben, einer der drei Großkategorien, in die  Psi-Phänomene üblicherweise eingeteilt werden. Was bei den meisten Laborexperimenten zur Präkognition keine Berücksichtigung findet, ist ein möglicher Einfluss, den die sog. „Perceptual History“, also die  Wahrnehmungsgeschichte, haben könnte. Jürgen Kornmeier und seine Forschergruppe beschäftigen sich seit langem mit dem Phänomen der „Perceptual History“, zumeist mithilfe von sog. Kippbildern wie dem Necker-Würfel. Es geht dabei also darum, ob eine soeben gemachte Wahrnehmung einen Einfluss darauf hat, wie ich den darauffolgenden Stimulus wahrnehme. In den beiden Experimenten, die in dieser Studie des Monats vorgestellt werden, wird die Richtung (unmittelbare Vergangenheit  oder unmittelbare Zukunft) eines potenziellen Einflusses auf die Wahrnehmung eines aktuell betrachteten mehrdeutigen (ambiguen) Bildes untersucht, indem ein eindeutiges Bild des Stimulus davor oder danach präsentiert wird.