Obwohl jeder zu wissen glaubt, wovon die Rede ist, wenn man von Bewusstsein spricht, etwa wenn man den Begriff in einen Zusammenhang mit „Bewusstlosigkeit“ oder „unbewussten Verhalten“ bringt, ist es aus wissenschaftlicher Sicht nach wie ungeklärt. Für Physikalisten ist Bewusstsein untrennbar mit der Gehirntätigkeit verknüpft, die deren Basis bilden soll. In der reduktionistischsten Version entsteht Bewusstsein sogar nur als ein Beiprodukt, ein Epiphänomen der neuronalen Tätigkeit des Gehirns ohne signifikante Bedeutung für den biologischen Lebensvollzug des erlebenden Organismus. Andere Konzeptionen des Bewusstseins hingegen sehen es prinzipiell unabhängig von der neuro-physikalischen Basis des Gehirns. Dieser Problemstellung gehen Helané Wahbeh und Kollegen in ihrem hier als „Studie des Monats“ vorgestellten Überblicksaufsatz nach, indem sie die Frage stellen: „What if consciousness is not an emergent property of the brain?“

Nach einem einleitenden Abschnitt stellen sie zunächst verschiedene physikalistische Theorien des Bewusstseins vor, um danach einen Überblick über non-lokale Bewusstseinstheorien zu geben, die sie hinsichtlich ihrer Erklärungskraft den physikalistischen Modellen voranstellen. In einem weiteren Teil beschreiben sie verschiedene paranormale Phänomene, die bei non-lokalen Bewusstseinstheorien zu erwarten und auch experimentell nachgewiesen sind.

Die Beschreibung der einzelnen Modelle des Bewusstseins erfordert einige Konzentration, wobei die beigefügten Zusammenfassungen sehr hilfreich sind. Die Darstellung verschiedener paranormaler Phänomene, die sie auf non-lokalen Bewusstseinstheorien beziehen, bietet einen knappen und dennoch guten Einblick in den aktuellen Forschungsstand. Bleibt noch zu erwähnen, wie geschickt das Autorenteam vorgegangen ist, parapsychologische Forschungsergebnisse in einem Mainstream-Journal unterzubringen.

Wahbeh, H., Radin, D., Cannard, C., & Delorme, A. (2022). What if consciousness is not an emergent property of the brain? Observational and empirical challenges to materialistic models. Frontiers in Psychology, 13. DOI=10.3389/fpsyg.2022.955594