Die Diskussion um die Natur des 2017 entdeckten und Oumuamua genannten interstellaren Objekts mag den meisten bekannt sein, denn sie wird nach wie vor noch geführt und taucht immer wieder in den Medien auf. Doch nicht nur gegenwärtige Himmelsbeobachtung, sondern auch historische Aufnahmen können interessante Daten liefern. In der hier präsentierten Studie des Monats stelle ich eine Arbeit der Astrophysikerin (und Preisträgerin) Beatriz Villaroel und ihrem Team vor, die eine spannende Entdeckung bei der Analyse von historischem astronomischem Fotomaterial gemacht haben. Villaroel ist Leiterin des VASCO Network, das sein Anliegen auf seiner Webseite so beschreibt: „The Vanishing & Appearing Sources during a Century of Observations (VASCO) project aims at finding astro-physically interesting mismatches between historical sky surveys: ‘Which object flickered out from our celestial radar?’, ‘Which locations hint at astronomical spectacles to discover?’” In dem vorgestellten Artikel wird die Entdeckung von neun Objekten auf einer rotempfindlichen fotografischen Platten beschrieben, die am 12. April 1950 im Rahmen der Himmelsbeobachtung durch das Palomar-Observatorium, einer US-amerikanischen Sternwarte, aufgenommen worden war. Diese Objekte lassen sich weder auf früheren noch auf späteren Aufnahmen des gleichen Himmelabschnitts nachweisen und stellen dadurch eine potenzielle Anomalie dar.

Berichte von Menschen, die sich an frühere Leben zu erinnern scheinen, kennt man aus dem Bereich von Rückführungen unter Hypnose und oft auch von esoterisch orientierten Webseiten, Zeitschriften und Büchern. Allerdings gibt es auch Forscher, die mit Mitteln der Wissenschaft Fälle untersuchen, in denen „Erinnerungen an frühere Leben“ eine bemerkenswerte Rolle spielen. Der Psychiater Ian Stevenson (1918-2007) leistete mit seinen aufwendigen Feldstudien Pionierarbeit und bislang auch den insgesamt größten Beitrag in diesem Forschungsbereich. Er bezeichnete solche Fälle als „Cases of Reincarnation Type“ (CORT).

In der aktuellen Studie des Monats wird etwas sehr Spezielles vorgestellt, nämlich die chilenische Ufologen-Szene, die im Rahmen eines größeren Forschungsteilprojekts „Emerging Spiritualities and Self-Improvement“ durch die Sozialanthropologinnen Diana Espírito Santo und Alejandra Vergara untersucht worden ist. Die Autorinnen werfen einen religionswissenschaftlichen Blick auf das Feld. Es gibt den Synkretismus aus ufologischen Vorstellungen und religiöser Kosmologie, der von „Nuts and bolts“-Ufologen, also denjenigen, die nach physikalisch-materieller Evidenz suchen, als eine Kontaminierung des Felds angesehen wird. In der Analyse dieser zwei sehr verschiedenen ufologischen Zugänge gelingt es den Autorinnen, grundlegende Fragen nach den Konzepten von Evidenz und deren Entstehungsbedingungen zu stellen.

Die Bezeichnung “Placebo-Effekt” wurde bis in die 1990er Jahre hauptsächlich als eine Art Erklärungs-Placebo verwendet und der Effekt selbst vorwiegend als eine  Art „Dreckeffekt“, als aus wissenschaftlicher Sicht unangenehmer „Beifang“, abgetan, der letztlich vernachlässigbar war. Seither hat sich die Situation stark verändert. Ein wichtiger Meilenstein war dabei die Veröffentlichung des Aufsatzes „Deconstructing the placebo effect and finding the meaning response“ von Moermann & Jonas in den Annals of Internal Medicine im Jahr 2002. Die Autoren lenkten die Aufmerksamkeit auf die „Bedeutung“, die von Patienten einer Behandlung zugeschrieben wird, und damit auch auf den Zusammenhang von Psyche und Physis, von Geist und Materie.

Wenn die Identität und der Status einer Gruppe bzw. eines (Wissens-)Feldes nicht gesichert sind – vor allem in (gesellschaftlichen) Randbereichen – lassen sich oft starke Abgrenzungsbemühungen beobachten.  Eine solche „Grenzarbeit“ (boundary-work) wird dann als wichtig erachtet, da scharfe Konturen fehlen oder nicht als bekannt vorausgesetzt werden können. Sehr auffällig wird dies im Bereich esoterisch orientierter Gruppen, weil der Begriff „Esoterik“ oft negativ konnotiert ist, weswegen das „Wir sind aber anders“ und „Wir gehören nicht dazu“ eine wichtige Rolle spielt. Für die Anomalistik ist das Problem ebenso virulent. Als ein multidisziplinäres und sehr heterogenes Forschungsfeld ist es geradezu prädestiniert für solche Abgrenzungswünsche, denn zur inhaltlichen Vielfalt kommt noch eine unterschiedliche Distanz einzelner zu den Mainstream-Wissenschaften sowie ein unterschiedlicher Grad der Professionalisierung hinzu. Dass diese Auseinandersetzungen bis in die Anfangszeit des Wissenschaftsunternehmens „Parapsychologie“ zurückgehen, zeigt der Historiker Andreas Sommer in seinem Aufsatz „From Dessoir to Rhine“, der jüngst in dem von ihm herausgegebenen Themenheft „The Boundary-Work Issue“ von Mindfield erschienen ist.