Auch heute noch ist Hypnose bei vielen Menschen mit Ängsten und Vorurteilen behaftet, wenngleich sie ein anerkanntes therapeutisches Verfahren darstellt. Die daran geknüpften Befürchtungen etwa bezüglich des Kontrollverlusts, der Willensbeeinflussung und des Ausschaltens von Moral, um nur einige zu nennen, sind weit verbreitet. Sie prägten die Geschichte der Integration der Hypnose in die Medizin und Psychotherapie als eine therapeutische Methode von Beginn an. In der aktuellen Studie des Monats analysiert die australische Historikerin Heather Wolffram den (aggressiven) Abgrenzungs- und Legitimierungsdiskurs, mit dem deutsche Mediziner wie Max Dessoir, Albert Moll und Albert von Schrenck-Notzing versucht haben, die ‚gute‘ medizinische Hypnose von der ‚schlechten‘ nicht-medizinischen Hypnose abzugrenzen.
Nur Mediziner könnten – so die damalige Argumentation – die vielfältigen Gefahren (z.B. unbeabsichtigtes Auslösen von Geisteskrankheiten) einschätzen, die die Anwendung dieser Methode mit sich brächte. Außerdem wurde die moralische und geistige Integrität der praktizierenden nicht-medizinischen Hypnotiseure angezweifelt. Direkte Berührungspunkte zur Anomalistik ergeben sich dadurch, dass Protagonisten wie Schrenck-Notzing Hypnose auch im Kontext von parapsychologischen Experimenten (z.B. zur Gedankenübertragung) angewendet haben. Dies allerdings lief dem Ansinnen, Hypnose als seriöses therapeutisches Verfahren im ‚Mainstream‘ zu etablieren, eher zuwider. Das gilt ebenfalls für die Aufführungen der ‚Traumtänzerin‘ Magdeleine Guipet vor großem Publikum, die Schrenck-Notzing veranstaltete und die ganz andere Aspekte der Hypnose in den Mittelpunkt rückten. So kam es schließlich auch zu Kontroversen innerhalb der Vertreter der medizinischen Hypnose. Ein vielschichtiges historisches Thema also.