Nahtoderfahrungen stellen nach wie vor ein sehr beachtetes und stark diskutiertes Forschungsthema dar, das themenbedingt in vielerlei Hinsicht an Grenzen und Grenzbereiche rührt. Für manche sind solche Erfahrungen starke Hinweise auf ein "Jenseits", ein Weiterleben nach dem Tod; andere sehen darin ein rein halluzinatives Geschehen, produziert durch das Gehirn in einem situativ bedingten Ausnahmezustand. Eine Forschergruppe der belgischen Coma Science Group hat sich aus kognitionspsychologischer Perspektive einen bestimmten Aspekt solcher Erfahrungen zum Gegenstand einer Untersuchung gewählt. In einem Vergleich mit anderen mentalen Vorgängen konnten Charakteristika der Erinnerungen an Nahtod-Erfahrungen herausgearbeitet werden.


Die Neuropsychologinnen Marie Thonnard und Vanessa Charland-Verville untersuchten gemeinsam mit weiteren Kollegen der Coma Science Group die Frage, wie sich Erinnerungen an Nahtoderfahrungen in den Kontext von Erinnerungen real erlebter Ereignisse und von imaginierten Ereignissen einordnen lassen. Die gängige Hypothese, dass Nahtodereignisse reine Imaginationen darstellen, wird durch die interessanten Resultate insofern in Frage gestellt, als der Detailreichtum der Erinnerungen eher dem von Erinnerungen an reale Ereignisse als dem von imaginierten Erlebnissen ähnelt.

Thonnard M, Charland-Verville V, Brédart S, Dehon H, Ledoux D, et al. (2013) Characteristics of Near-Death Experiences Memories as Compared to Real and Imagined Events Memories. PLoS ONE 8(3): e57620. doi:10.1371/journal.pone.0057620