Seit Ende 2001 findet unter Leitung des Geschäftsführers der Gesellschaft für Anomalistik, Edgar Wunder, ein derzeit noch laufender, umfassender wissenschaftlicher Test der Astrologie mit 1700 Versuchspersonen statt. Es folgt ein kurzer Statusbericht zum Stand der Arbeiten am 5.12.2002 sowie eine Darstellung einiger vorläufiger Zwischenergebnisse.

Gläubige Anhänger und skeptische Spötter hat die Astrologie mehr als genug. Doch nur selten wird der Versuch unternommen, die Thesen der Astrologie nüchtern und ernsthaft auf einen wissenschaftlichen Prüfstand zu stellen. Als zentrale Annahme der Astrologie gilt traditionell die Vorstellung, dass es beim Erstellen eines Horoskops auf das richtige Geburtsdatum einer Person ankomme, während die Verwendung eines falschen oder gar beliebigen Geburtsdatums zu falschen oder zumindest weniger gut zutreffenden astrologischen Deutungen führen solle. Denn käme es auf das korrekte Geburtsdatum gar nicht an, dann müsste auch der Stand der Gestirne zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen als irrelevant gelten.

Um dies zu überprüfen eignen sich sog. Zuordnungstests. Dabei haben Versuchspersonen die Aufgabe, zwischen falschen und richtigen Horoskopen zu unterscheiden. Und Astrologen sollen herausfinden, welches von jeweils zwei Geburtsdaten das richtige für eine Reihe von Versuchspersonen ist.

Seit Ende 2001 wird vom Geschäftsführer der Gesellschaft für Anomalistik, dem Soziologen Edgar Wunder, ein solcher Zuordnungstest durchgeführt. Die Gesellschaft für Anomalistik – eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Sandhausen bei Heidelberg, der etwa 100 Wissenschaftler und andere Untersucher von "anomalen" Phänomenen angehören – hat sich zum Ziel gesetzt, Behauptungen und Thesen der sog. "Parawissenschaften" (wie z.B. der Astrologie) mit den Methoden der etablierten Wissenschaft systematisch zu prüfen.

Angeregt wurde der aktuelle Astrologie-Test vom Nürnberger Astrologen Peter Gömmel, der sich dadurch erhoffte, die Stichhaltigkeit der Astrologie wissenschaftlich zu belegen. Als Versuchsleiter fungiert Edgar Wunder, der seit vielen Jahren als Kritiker der Astrologie bekannt ist und Horoskopen skeptisch gegenüber steht.

Neben 26 Astrologen (aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und dem Elsass) beteiligten sich insgesamt 1700 Versuchspersonen durch Einsendung ihrer Geburtsdaten an der Untersuchung. Es handelt sich somit um die umfangreichste derartige empirische Studie, die bislang weltweit zur Astrologie durchgeführt wurde.

Bedeutsamer ist jedoch, dass beim Versuchsplan besondere Sorgfalt und Gründlichkeit entwickelt wurde, um den Aussagegehalt der Studie zu optimieren – und zwar in dreifacher Hinsicht:

  • (a) Die Astrologen hatten alle Freiheiten und Möglichkeiten, um zu gewährleisten, dass die Testbedingungen für die Astrologie so angemessen und erfolgversprechend wie nur möglich waren.
  • (b) Eventuelle Fehlerquellen und Artefaktmöglichkeiten wurden systematisch kontrolliert, um abzusichern, dass eventuelle überzufällige Trefferquoten nicht auf andere Ursachen und Informationsquellen als die Astrologie zurückgehen können.
  • (c) Der Auswertungsplan wurde nicht undifferenziert beweis- oder widerlegungsorientiert angelegt, sondern dergestalt, dass genau untersucht werden kann, von welchen Faktoren die Stimmigkeitseinschätzungen bezüglich der Horoskope bzw. die Trefferquoten nun abhängen – sowohl in Bezug auf astrologische Faktoren (z.B. Genauigkeit der dokumentierten Geburtszeit) als auch in Bezug auf nicht-astrologische Faktoren (z.B. Einstellungen der Versuchspersonen).

Die Untersuchung bestand aus zwei Teiltests:

Erstens hatten die Astrologen die Aufgabe zu entscheiden, welche von jeweils zwei Geburtsdaten (die Grundlage für die Erstellung von Horoskopen sind) zu bestimmten Versuchspersonen gehören. Um dies herauszufinden, bekamen die Astrologen die Möglichkeit, den Versuchspersonen Fragen beliebiger Art und Zahl zu stellen, um die Versuchspersonen möglichst gut kennen zu lernen bzw. jene Unterschiede zu prüfen, die aufgrund der individuell erstellten Horoskope von ihnen bei den Versuchspersonen erwartet wurden. Dies erfolgte in anonymisierter Form mittels individuell für die einzelnen Versuchspersonen erstellter Fragebögen. Nur Fragen nach den Geburtsdaten selbst (sowohl direkt als auch indirekt) waren hierbei natürlich untersagt.

Zweitens hatten die Versuchspersonen die Aufgabe zu entscheiden, welcher von jeweils zwei Horoskop-Deutungstexten für sie persönlich zutreffender war. Beide Horoskop-Deutungstexte waren von den Astrologen erstellt worden, der eine für die beurteilende Versuchsperson, der andere für eine andere Versuchsperson gleichen Alters und Geschlechts.

Die Zufallserwartung, allein durch Raten die richtigen Geburtsdaten bzw. die richtige Horoskopdeutung als zutreffend auszuwählen, beträgt – bei zwei Daten bzw. Horoskopen zur Auswahl – 50%. Wenn die traditionelle Grundannahme der Astrologie richtig sein sollte, dass das korrekte Geburtsdatum für die Stimmigkeit von Horoskopen irgend eine Relevanz hat, dann sollte in beiden Teiltests mit Trefferquoten von deutlich über 50% zu rechnen sein. Dies zu prüfen, war und ist Ziel der aktuellen Untersuchung.

Es folgt eine kurze Übersicht zum aktuellen Stand des Projektverlaufs (nur die wichtigsten Punkte sind aufgeführt) sowie eine Darstellung einiger vorläufiger Ergebnisse (Stand: 5. Dezember 2002):

  • Die 1700 Versuchspersonen wurden u.a. einem psychologischen Test unterzogen und mussten eine amtliche Beglaubigung zu ihrer genauen Geburtszeit vorlegen. Im Ergebnis erfüllten nur 274 (=16%) die strengen methodischen und astrologischen Zulassungsvoraussetzungen, die für die Studie vorher festgesetzt worden waren. Davon wurden 259 als die eigentlichen Versuchsteilnehmer ausgewählt, 15 fanden in einem begleitenden Zusatztest Verwendung. Die restlichen 1426 Versuchspersonen, die die strengen Zulassungsvoraussetzungen nicht vollständig erfüllen konnten, dienten als Kontrollgruppe oder wurden teilweise ebenfalls in begleitenden Zusatztests eingesetzt.

  • Die Versuchspersonen wurden zu 205 Versuchspaaren gruppiert, für die die Astrologen Horoskop-Deutungstexte und/oder individuell entwickelte Fragebögen (zum Ausfüllen durch die Versuchspersonen) erarbeiteten. Diese Phase des Tests war in der ersten Dezemberwoche 2002 abgeschlossen. Auf der Basis dieses Materials hatten / haben die Astrologen bzw. die Versuchspersonen nun die Aufgabe, insgesamt 300 Zuordnungsentscheidungen nach dem oben erläuterten Muster zu treffen.

  • Zum Berichtstermin (5.12.2002) waren diese Unterlagen nach Prüfung fast vollständig an die Versuchspersonen weitergeleitet und 168 (=56%) der 300 möglichen Zuordnungsentscheidungen bereits abgegeben.

  • Von diesen 168 bis dahin abgegebenen Zuordnungsentscheidungen beziehen sich 75 auf computergenerierte Horoskope (sowie einen ergänzenden Zusatztest), für die eine gesonderte Auswertung vorgesehen ist und die deshalb im folgenden vorerst unberücksichtigt bleiben. Die nachfolgenden vorläufigen Zwischenergebnisse beziehen sich also nur auf jene 93 Zuordnungsentscheidungen, bei denen die beteiligten Astrologen persönlich – d.h. ohne Zuhilfenahme eines Computerprogramms – individuelle Horoskop-Deutungstexte und/oder Fragebögen erstellt haben.

  • Die durchschnittliche Trefferquote der Astrologen (welche die Geburtsdaten den von den Versuchspersonen ausgefüllten Fragebögen zuzuordnen hatten) beträgt nach dieser Zwischenauswertung 59%. Nach den üblichen Konventionen (Erreichen des 5%-Signifikanzniveaus) ist dies noch keine statistisch signifikante Abweichung von der mathematischen Zufallswahrscheinlichkeit von 50%. Eventuell wird diese Abweichung im weiteren Verlauf des Tests aber noch statistisch signifikant, wenn die Fallzahl der abgegebenen Zuordnungsentscheidungen weiter steigt und sich der Effekt in dieser Größenordnung halten sollte.

  • Die durchschnittliche Trefferquote der Versuchspersonen (die aus zwei Horoskopdeutungen die besser auf sie zutreffende auswählen sollten) beträgt nach dieser Zwischenauswertung 64%. Dies ist eine statistisch signifikante Abweichung (p=0,02) von der mathematisch zu erwartenden Zufallswahrscheinlichkeit von 50% im Sinne der astrologischen Hypothese. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Effekt nach Vorliegen der Gesamtergebnisse stabilisiert.

  • Inwiefern eine solche statistisch signifikante Abweichung tatsächlich auf astrologische oder auf andere Faktoren zurückgeht, wird durch diverse begleitende Zusatztests und Korrelationsrechnungen mit anderen Variablen überprüft werden. Beispielsweise läuft bereits seit Oktober 2002 ein begleitender Kontrolltest, bei dem unabhängige, der Astrologie unkundige kritische Gutachter aufgrund der bei der Untersuchung angefallenen Unterlagen allein durch Spekulation und Raten die richtigen Kombinationen von Geburtsdaten, Fragebogenantworten und Horoskop-Deutungstexten herausfinden sollen. Auf diese Weise kann eine "empirische Zufallserwartung" ermittelt werden, die eventuell noch übersehene feinsinnige Hinweise auf die richtige Zuordnung in den Deutungstexten mit berücksichtigt – und zu der dann die Trefferquote der Versuchspersonen in Beziehung zu setzen wäre. Auch die Hypothese, eine überzufällige Trefferquote ginge auf "hellseherische Fähigkeiten" zurück (und hätte mit dem Stand der Gestirne gar nichts zu tun) kann überprüft und von der astrologischen Hypothese experimentell unterschieden werden: Denn nur die astrologische Hypothese, nicht aber die "Hellseher-Hypothese", sagt eine positive Korrelation zwischen der Genauigkeit der Geburtszeit und der Trefferquote voraus. Auch dies wird u.a. überprüft werden. Im übrigen bleiben selbstverständlich die Endergebnisse abzuwarten. Bereits jetzt kann allerdings mit weitgehender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass das angeführte signifikante Ergebnis in der Zwischenauswertung auf eventuelles astrologisches Hintergrundwissen der Versuchspersonen zurückgehen könnte, denn in dieser Hinsicht wurden eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen getroffen und Kontrolltests durchgeführt.

  • Die Trefferquoten einzelner Astrologen (bzw. der Kollektive der ihnen zugeordneten Versuchspersonen) werden erst dann berechnet, wenn alle Zuordnungsentscheidungen, die den jeweiligen Astrologen betreffen, vollständig vorgenommen wurden. Dies ist erst bei relativ wenigen der teilnehmenden Astrologen der Fall. Darunter hat bislang ein Astrologe (betreffend der Zuordnungsentscheidungen der Versuchspersonen) ein signifikantes Ergebnis erzielt (p=0,03). Dieser Astrologe nimmt nun an einem ergänzenden Replikationstest teil, um zu prüfen, ob er diese Leistung auch wiederholt erbringen kann.

  • Mit den Endergebnissen der Studie ist in ca. einem Vierteljahr zu rechnen.

  • Bereits jetzt liegt eine Veröffentlichung vor, die als Vorstufe zur eigentlichen Studie die Zusammensetzung des Pools der 1700 Versuchspersonen hinsichtlich deren Einstellungsmuster zur Astrologie analysiert. Diese ergänzende Untersuchung erschien vor kurzem in der Zeitschrift für Anomalistik, Band 2, S. 275-287. Sie ist kostenlos online als PDF-Datei (13 Seiten) verfügbar.

Bewertung: Die vorläufige Zwischenauswertung des Astrologie-Tests ergibt einige für Astrologen ermutigende Ergebnisse. Es sollten jedoch keine voreiligen Schlussfolgerungen gleicher welcher Art gezogen werden. Es bleibt abzuwarten, bis alle Testergebnisse vollständig vorliegen werden, diese im Detail analysiert und auch einige begleitende Kontrolluntersuchungen abgeschlossen sind. Jedenfalls versprechen die bisherigen Ergebnisse zumindest einen spannenden Verlauf der weiteren Auswertungen, wie auch immer es schlussendlich für die Astrologie ausgehen mag.

Große Vorsicht ist sicherlich vor dem Hintergrund der Tatsache angebracht, dass frühere empirische Tests keine positiven Ergebnisse für die Astrologie erbrachten. Andererseits waren diese früheren Studien oft weniger sorgfältig darum bemüht, den Ansprüchen der Astrologie wirklich gerecht zu werden und ihre Erfolgschancen – bei ebenso sorgfältiger Beachtung methodischer Standards – zu optimieren.

Edgar Wunder, 5. Dezember 2002

Weitere Fragen zur Studie (sofern es der Fortgang der Auswertungen bereits zulässt) werden gerne beantwortet. Wenden Sie sich ggf. bitte an:

Edgar Wunder
E-Mail: wunder@anomalistik.de
Tel. (Festnetz): 06224 – 92 22 90
Tel. (Handy): 0160 – 80 60 357