Astrologie und umstrittene Mondeinflüsse

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Zeitschrift für Anomalistik Band 2 (2002) Nr. 3


S. 197-204:

Astrologie – eine nützliche Fiktion

Christopher Weidner

Zusammenfassung/Abstract

Zusammenfassung – Dieses Essay ist ein Plädoyer für eine pragmatische Neukonzeptionalisierung der Astrologie als einer nützlichen Fiktion, die von Menschen als Werkzeug verwendet werden kann, um ihr Leben zu organisieren. Als ein „kreativer Zirkel“ konstruiert Astrologie jene Realitäten, die sie gleichzeitig beschreibt. Ein solches neues Verständnis der Astrologie durch die Astrologen hätte vorteilhafte und weitreichende Konsequenzen, insbesondere für die Beziehung zwischen Astrologen und ihren Klienten. Die heutige Astrologie steht vor der Aufgabe, sich von alten ideologischen und nicht selten totalitären Konzepten zu trennen, indem sie ein konsequentes Programm der Entmystifizierung verfolgt, das auf konstruktivistischen Positionen aufbauen kann.

Schlüsselbegriffe: Astrologie – Entmystifizierung – Konstruktivismus

Abstract – This essay presents the case for a pragmatic reconceptualization of astrology as a useful kind of fiction, which may be used by individuals as a tool to organise their life. As a “creative circle” astrology creates realities, and at the same time provides descriptions thereof. Such a new understanding of astrology by astrologers would have beneficial and far-reaching consequences, especially on the relationship between the astrologer and his client. Astrology today needs to distance itself from old ideological and often totalitarian concepts by a consistent program of demystification, which may be based on a constructivist point of view.

Keywords: astrology – demystification – constructivism

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Es kommentieren:

  • Volker Guiard: Ist die "Brauchbarkeit" der Astrologie ohne Mythos zu haben?
  • Bernulf Kanitscheider: Konstruktivistische Astrologie?
  • Gerhard Mayer: Die konstruktivistische Versuchung
  • Jan Pilgenröder: Konstruktivistische Mythen

Der Autor antwortet:

  • Christopher Weidner: Anmerkungen zu den kritischen Kommentaren

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S. 281-244:

Astrologie – eine Symbollehre. Zur Problematik der Rekonstruktion des Gegenstandes der Astrologie

Ulrike Voltmer, Bernd Keßler

Zusammenfassung/Abstract

Zusammenfassung – Bevor adäquate Tests der Astrologie durchgeführt oder Erklärungsversuche für eventuelle astrologische Effekte unternommen werden können, müssen zunächst drei kritische Fragen beantwortet werden:
1. Was ist der Gegenstand der astrologischen Lehre und wie können wir ihn erkennen?
2. Unter welchen Bedingungen kommt welche astrologische Aussage zur Anwendung?
3. Wie kann das Zutreffen einer astrologischen Aussage überprüft werden?
Angesichts des Einflusses der Astrologie auf unsere Kultur und der Untersuchung einiger typischer Musterbeispiele aus dem astrologischen Diskurs gibt dieser Aufsatz einige vorläufige Antworten. Es wird argumentiert, dass die astrologische Lehre der Transite eine adäquate Basis für einen Test der Astrologie darstellen könnte.

Schlüsselbegriffe: Astrologie – Erkenntnistheorie – Symbole – Bedeutungskonstruktion – Imaginationen – Transite

Abstract – Before we can carry out an adequate test of astrology or try to explain possible astrological effects, we have to answer three crucial questions:
1. What is the subject matter of the astrological doctrine, and how can we detect this subject matter?
2. What are the conditions for an astrological statement to become applicable?
3. How can we test whether an astrological statement is true?
Some preliminary answers are given in this paper by considering the cultural impact of astrology and an examination of some typical examples of astrological discourse. It is argued that the astrological doctrine of transits may provide an adequate base for tests of astrology.

Keywords: astrology – epistemology – symbols – construction of meaning – imaginations – transits

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Die Autoren antworten:

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S. 264-270:

Zur Entstehung des tropischen Tierkreises

Rafael Gil Brand

Zusammenfassung/Abstract

Zusammenfassung – Der tropische Tierkreis, der in der westlichen Astrologie des Mittelalters den siderischen Tierkreis vollständig verdrängte, wurde erst in der hellenistischen Epoche in die Astrologie eingeführt. Zwar war Claudius Ptolomäus der wohl wichtigste Autor eines astrologischen Lehrbuches, der zur Einführung dieses Tierkreises beigetragen hat, aber die bewusste Nutzung eines tropischen Tierkreises kann schon recht früh in der Geschichte der griechischen Astronomie nachgewiesen werden. Nach und nach wurde er von griechischen und römischen Astrologen angewandt, während andere weiterhin den siderischen Zodiak der Babylonier beibehielten.

Schlüsselbegriffe: Astrologie – Tierkreis – Präzession – Ptolemäus – Astronomie der Antike

Abstract – It was not until the Hellenistic epoch that the tropical zodiac, which almost completely superseded the sidereal zodiac in the western astrology of the Middle Ages, was introduced into astrology. Admittedly Claudius Ptolemy was the most important author of an astrological textbook that contributed to the introduction of this zodiac into astrology. However, the conscious application of a tropical zodiac can be traced back to a much earlier point in the history of Greek astronomy, and was gradually accepted by Greek and Roman astrologers, whereas other astrologers continued to work with the sidereal zodiac of the Babylonians.

Keywords: astrology – zodiac – precession – Ptolemy – ancient astronomy

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  • Volker Guiard: Welche Argumente spielten bei der Durchsetzung des tropischen Tierkreises eine Rolle?
  • Jürgen Hamel: Philosophische Hintergründe astrologischer Begriffsbestimmungen

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S. 275-287:

Erfahrung, Wissen, Glaube – ihr Beziehungsgeflecht bezüglich der Astrologie

Edgar Wunder

Zusammenfassung/Abstract

Zusammenfassung – Auf der Grundlage von Daten zu 1700 Personen, die sich für die Teilnahme an einem Astrologie-Test bewarben, wurde eine Korrelationsmatrix zwischen Indikatoren des astrologischen Glaubens, des astrologischen Wissens und der astrologischen Beratungserfahrung (Besuch eines Astrologen) erstellt. Weiterhin wurde eine Clusteranalyse durchgeführt, um eine Typologie des Umgangs von Menschen mit der Astrologie zu entwickeln. Ablehner der Astrologie sind typischerweise männlich und wissen von der Astrologie wenig. Die astrologiekundigen Anhänger der Astrologie sind hingegen typischerweise weiblich.

Schlüsselbegriffe: Astrologie – paranormale Überzeugungssysteme – Einstellungen

Abstract – Using data from 1700 subjects who applied to participate in a test of astrology, a correlation matrix was set up for measures of astrological belief, astrological knowledge and astrological counselling experience, i.e. visits to an astrologer. In addition, a cluster analysis was carried out to develop a typology of how individuals deal with astrology. There was a strong positive correlation between knowledge of astrology and belief in astrology. The disbelievers (‘sceptics’) are typically male with little knowledge of astrology, whereas believers with various sorts of experience in astrology are typically female.

Keywords: astrology - paranormal belief systems - attitudes

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S. 288-291:

Vollmond und Verkehrsunfälle: der Ostertermin sorgt für Artefakte

Arno Müller

Zusammenfassung/Abstract

Zusammenfassung – Es wurden 8 Millionen Verkehrsunfälle untersucht, die in einem Zeitraum von 23 Jahren (1964-1986) in der Bundesrepublik Deutschland stattfanden. Dabei ergab sich kein Zusammenhang zwischen der Zahl der Unfälle und dem synodischen Mondzyklus, falls die Osterfeiertage und vom Ostertermin abhängige andere bewegliche Feier- und sonstige besondere Tage wie z.B. Pfingsten oder Fasching nicht berücksichtigt werden. Weil die Festlegung des Ostertermins immer von der Mondphase abhängig ist und die Zahl der Fahrzeuge, die an den genannten Feier- und besonderen Tagen auf den Straßen unterwegs sind, vom gewöhnlichen Maß abweicht, scheint es wichtig zu sein, mögliche Artefakte auszuschließen, die sich aus der Bedeutung des Mondes für die Festlegung des Ostertermins ergeben können.

Schlüsselbegriffe: Mond – Verkehrsunfälle – Ostern – Artefakte

Abstract – An examination of 8 million traffic accidents in the Federal Republic of Germany, covering 23 years (1964-1986), was conducted. No relationship emerged between the number of accidents and the synodic lunar cycle when Easter holidays and other (Easter-dependent) movable feasts such as Whitsun or Shrove Tuesday (carnival) are ignored. Because the timing of Easter is always related to the lunar phase, and the number of cars on the road does not follow the usual pattern on these days, it seems to be important to control for possible artefacts originating in the moon’s influence on the timing of Easter.

Keywords: moon – traffic accidents – Easter – artefacts

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S. 292-307:

Beeinflusst der Mond das Pilzwachstum? Eine Reanalyse

Volker Guiard

Zusammenfassung/Abstract

Zusammenfassung – Nach Hirschmann und Hirschmann (2000) besteht eine Korrelation zwischen der Mondphase und der Zahl der in einer natürlichen Umwelt zu findenden Pilze bzw. der Zahl der bei einer Pilzberatungsstelle Auskunft suchenden Personen. Ihr Urteil stützt sich auf 32 Jahre umfassende Unterlagen von Pilzberatungsstellen, starke gleitende Mittelungen der Daten, jedoch keinen Signifikanztest. Eine Reanalyse der Originaldaten mittels der SAS-Prozeduren GAM und GENMOD ergibt, dass kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Mondphase und dem Wachstum von Pilzen besteht. Nur der Wochentag, das Kalenderjahr und der Tag innerhalb der Saison erwiesen sich als signifikante Einflussgrößen für die Zahl der bei den Pilzberatungsstellen abgelieferten Pilze. Werden die Daten in drei Subgruppen zu jeweils etwa 10 Jahren getrennt analysiert, zeigen sich einige signifikante scheinbare „Mondeffekte“, die jedoch bezüglich der relevanten Mondphase von Dekade zu Dekade nicht stabil sind. Zusammenfassend handelt es sich bei den angeblichen Mondeffekten mit hoher Wahrscheinlichkeit um Artefakte, die auf das gleitende Mittelungsverfahren sowie die eventuelle menschliche Gewohnheit zurückgehen, in Abhängigkeit von der Mondphase Pilze zu sammeln. Für weitere Untersuchungen zu dieser Frage wird die Verwendung von kontrollierten Daten aus der industriellen Pilzzucht empfohlen, um solche Störvariablen auszuschließen.

Schlüsselbegriffe: Mond – Pilze – Wetter – statistische Artefakte

Abstract – According to Hirschmann and Hirschmann (2000) there is a correlation between the lunar phase and the size of the mushroom harvest in any given area and/or the number of visits to a mushroom consultation service. They based their conclusion on 32 years of mushroom consultation protocols, using highly smoothed data (running averages) but not tests of significance. A re-analysis of the original data, using the SASprocedures GAM and GENMOD, reveals that there is no significant impact of lunar phase on the growth of mushrooms. Only the day of the week, the year, and the day of the mushroom season are relevant factors for the number of mushrooms brought to the mushroom consultation service. The data are also reanalysed in three subgroups, each covering about 10 years. In these subgroups there seems to be some significant “lunar effects”, but these are not stable from decade to decade, with respect to the relevant moon phase. We conclude that the alleged lunar effects are most probably artefacts, resulting from smoothing procedures. There is possibly also an effect due to human mushroom collecting habits. For further investigations it is recommended to use controlled data from industrial mushroom breeding to exclude such interfering factors.

Keywords: moon – mushrooms – weather – statistical artefacts

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  • Gerhard Mayer: Einige Gedanken zu Volker Guiards Ausführungen
  • Rüdiger Plantiko: Im Rahmen der Zufallshypothese erklärbar?
  • Edgar Wunder: Die meteorologische Wirksamkeit des Mondes: "erfolgreiche Autosuggestions-Experimente"?

Der Autor antwortet:

  • Volker Guiard: Zur ergänzenden Reanalyse von Rüdiger Plantiko

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S. 318-319:

Fortgesetzte Diskussionen zu früheren Beiträgen

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Zur Diskussion um Joachim Hueg, "Überlegungen zum Verhältnis von Wissenschaft und Astrologie", Zeitschrift für Anomalistik 2 (2002), S. 131-148:

  • Horst Friedrich: Ist die Astrologie eine Wissenschaft?