Kategorie: Studie des Monats

In diesem Monat geht es um eine aktuelle Untersuchung, die darauf hindeuten könnte, dass der in Parapsychologie verbreitete Begriff der "Psychokinese" zu eng gefasst ist.

"Psychokinese" bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie "Bewegung durch den Geist". In kontrollierten Laborexperimenten untersucht wurde "Psychokinese" erstmals 1934 an der Duke University (USA) von J.B. Rhine, wobei Versuchspersonen allein durch "Wünschen und Wollen" die Augenzahl eines fallenden Würfels beeinflussen sollten. Ende der 60er Jahre entwickelte dann der Physiker Helmut Schmidt wesentlich verbesserte und vollautomatisierte Versuchsprozeduren, die kaum noch Fehlermöglichkeiten zuließen und bei denen sich Versuchspersonen z.B. um die Beeinflussung des radioaktiven Zerfalls bemühen sollten.

Die Ergebnisse dieser vielfach auch von anderen Autoren erfolgreich wiederholten Versuche zeigen insgesamt hochsignifikante Effekte (siehe z.B. eine 1989 in der Zeitschrift Foundations of Physics, S. 1499-1514, veröffentlichte Meta-Analyse), für sich allerdings bis jetzt noch keine theoretische Erklärung allgemein durchsetzen konnte. Es handelt sich also bis auf weiteres um "Anomalien", d.h. Beobachtungstatsachen, die sich noch nicht in das Netzwerk etablierter theoretischer wissenschaftlicher Modelle haben einfügen lassen. Deshalb ist es bis heute auch unklar, ob der Begriff "Psychokinese" wirklich angemessen jene Prozesse umschreibt, die diesen Anomalien zugrunde liegen - oder ob er womöglich bestimmte Vorannahmen suggeriert, die nicht unbedingt zutreffen müssen.

Eine aktuelle Studie des Physikers Prof. Dr. Johannes Hagel und seiner Mitarbeiterin Margot Tschapke kommt nun zum Ergebnis, dass derartige Effekte überraschenderweise auch dann auftreten können, wenn gar keine "Psyche" beteiligt ist, nämlich auch in unbelebten Systemen ohne "Bewusstsein". Sollten sich die Resultate in zukünftigen Experimenten weiter erhärten lassen, müssten bisherige theoretische Deutungen von "Psychokinese"-Experimenten neu überdacht werden.

Die 25 Seiten umfassende Studie von Hagel und Tschapke erschien in der aktuellen Ausgabe 1+2/2002 der von Gesellschaft für Anomalistik e.V. herausgegebenen "Zeitschrift für Anomalistik". Sie können den vollständigen Artikel hier als PDF-Datei herunterladen.

Hagel, J; Tschapke, M. (2002): Zum experimentellen Nachweis akausaler Korrelationseffekte in unbelebten Systemen. In Zeitschrift für Anomalistik Band 2, S. 6-31

Es ist in der "Zeitschrift für Anomalistik" üblich, dass alle Untersuchungen noch in der gleichen Ausgabe einer kontroversen Diskussion ausgesetzt werden. In der gedruckten Ausgabe der "Zeitschrift für Anomalistik" ist die zusätzliche Diskussion zum hier vorgestellten Artikel insgesamt nicht weniger als 43 (!) Seiten lang. So wird die Studie von Hagel und Tschapke dort kritisch hinterfragt und kommentiert durch z.B. Walter von Lucadou, Martin Lambeck, Joop M. Houtkooper, Gerd H. Hövelmann, Harald Walach u.v.a.m. - auch ein Kommentar des oben erwähnten Pioniers der "Psychokinese"-Forschung, Helmut Schmidt, ist enthalten. 

Diese zusätzlichen Diskussionsbeiträge zu der Studie können Sie hier herunterladen:. 

Kommentare zum Artikel von Johannes Hagel und Margot Tschapke. In Zeitschrift für Anomalistik Band 2, S. 32-75

Falls Sie sich dafür interessieren, können Sie die entsprechende Ausgabe des Zeitschrift für Anomalistik hier zum üblichen Bezugspreis bestellen. (Mitglieder der Gesellschaft für Anomalistik e.V. erhalten die "Zeitschrift für Anomalistik" kostenlos im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.)