Gerd H. Hövelmann

Mit tiefer Trauer müssen wir den Tod unseres langjährigen Mitglieds Gerd H. Hövelmann vermelden, der am 5. Februar nach langjähriger und schwerer Erkrankung verstorben ist.

Gerd Hövelmann trat im Jahr 2001 der Gesellschaft für Anomalistik bei. Er hat sich von Beginn an stark für die Belange der Vereinigung engagiert, und zwar sowohl als Mitglied des erweiterten Vorstands als auch als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der im selben Jahr erstmals erschienenen Zeitschrift für Anomalistik, der ZfA. Seit 2003 übernahm er die redaktionelle Verantwortung für die Buchrezensionen. Als Autor für diese Zeitschrift ist er zunächst mit seinen klugen und umsichtigen Kommentaren in Erscheinung getreten. Im Jahr 2004 dann folgte ein wunderbarer Nachruf auf den „leisen Revolutionär“ Robert Morris, dessen unerwarteter und unzeitiger Tod die parapsychologische und anomalistische Community in ähnlicher Weise schockiert hat, wie dies jetzt bei ihm selbst der Fall ist. Diesen würdigen Nachruf hatte er damals gemeinsam mit Friederike Schriever verfasst.

Auch der zweite Haupttext für die Zeitschrift für Anomalistik im Jahr 2005 war ein Nachruf, eine sehr informative und tiefgehende Würdigung des Lebens und Werks des Soziologen Marcello Truzzi (1935-2003), der eine immens wichtige Rolle für die Herausbildung des Forschungsfeldes der Anomalistik spielte und mit seinem Ansatz auch für die Gesellschaft für Anomalistik Leitlinie und Vorbild war und ist. In mancher Hinsicht waren deren großen Qualitäten bei Gerd Hövelmann selbst wiederzufinden.

Es war ein großer Glücksfall, dass Gerd Hövelmann im Jahr 2009 das Amt des verantwortlichen Redakteurs der ZfA übernahm, nachdem Edgar Wunder aus beruflichen Gründen sein Engagement deutlich reduzieren musste. Man kann wohl zu Recht sagen, dass die ZfA Gerd Hövelmanns große Leidenschaft darstellte. Mit nimmermüder Energie widmete er sich dem Akquirieren, Editieren und Verfassen von Texten,  dem Versenden von Artikeln zum Begutachtungs- und Kommentierungsprozess, der Korrespondenz mit den nicht immer einfachen Autorinnen und Autoren, dem Besorgen von Rezensionsexemplaren – was alles an Arbeit so anfällt bei der Herausgabe einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift. Dies alles tat er ehrenamtlich, und sein Eifer ließ auch während der Phasen großer körperlicher Krisen niemals nach. Alle, die ihn etwas näher kannten und um sein unglaubliches Arbeitspensum wussten, konnten nur staunen und ihre Hochachtung vor dieser Leistung ausdrücken.

Es gäbe vieles zum Autor Gerd Hövelmann zu sagen – er hat ein wissenschaftliches Oeuvre von über 250 Veröffentlichungen in sieben Sprachen verfasst, das sich auf Philosophie, Wissenschaftstheorie, Wissenschafts- und Kulturgeschichte, Methodologie, Linguistik, Semiotik, Biologie, Psychologie, Parapsychologie, Anomalistik und Raumfahrt verteilt. Gerd Hövelmann war auch in verschiedenen anderen Organisationen sehr umtriebig. Er war Mitglied in fast allen wichtigen internationalen Vereinigungen, die sich der anomalistischen und parapsychologischen Forschung in differenzierter und offener Weise widmen, z.B. der Parapsychological Association, der Society for Psychical Research, der Society for Scientific Exploration und der Wissenschaftlichen Gesellschaft zur Förderung der Parapsychologie, um nur einige wichtige zu nennen. Er hat international viel dazu beigetragen, dass anomalistische und parapsychologische Themen fundiert diskutiert wurden. Nicht umsonst wurde ihm daher von der Parapsychological Association im Jahr 2015 der Outstanding Career Award verliehen.

Allerdings hat er zunehmend seine Autorschaft hintangestellt zugunsten der Förderung und Herausgabe anderer Autoren. Gemeinsam mit drei anderen Herausgebern hat er die Schriftenreihe „Perspektiven der Anomalistik“ begründet, deren erster Band im Jahr 2012 veröffentlicht wurde. Soeben erscheinen die Bände 4 und 5, wobei es mit dem Band 4 eine besondere Bewandtnis hat. Er trägt den Titel „Legitimacy of Unbelief. The Collected Papers of Piet Hein Hoebens“ und wurde von Gerd und dem niederländischen Kollegen Hans Michels herausgegeben. Gerd war mit dem 1984 im Alter von 36 Jahren viel zu früh verstorbenen niederländischen Journalisten und Skeptiker Piet Hein Hoebens eng befreundet. Dessen Familie übertrug ihm den schriftlichen Nachlass von Hoebens. Seit nun mehr als 30 Jahren verfolgte Gerd das Ziel, Hoebens‘ wichtige Schriften zu parapsychologischen und anomalistischen Themen zusammenzutragen und gesammelt und übersetzt einem großen Publikum zugänglich zu machen. Es war ein extrem aufwändiges und langwieriges Projekt, welches er gemeinsam mit Hans Michels betrieb. Seine größte Sorge war, dass dessen Vollendung zu spät für die schwer erkrankte Witwe von Hoebens käme. Es hat eine eigene Tragik, dass er nun selbst das fertige Buch, an dem er so lange gearbeitet hatte, nicht mehr in Händen halten konnte. Es wäre ihm zu gönnen gewesen.

Mit Gerd Hövelmann verliert die Gesellschaft für Anomalistik ein außerordentlich aktives Mitglied, das das Gesicht der ZfA, aber auch der Vereinigung insgesamt entscheidend prägte. Er hinterlässt eine nicht zu füllende Lücke. Die Vorstellung fällt schwer, zukünftig nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten zu können, nicht mehr auf sein Wissen, seine Erfahrung, Expertise, Kreativität und Gründlichkeit zurückgreifen, nicht mehr in den Genuss seines erfrischenden, wenngleich eher stillen Humors kommen zu können.

Unser herzliches Beileid richtet sich an seine Familienangehörigen und vor allem seiner Frau Friederike Schriever, die ihn die schweren letzten Jahre unter schwierigen Bedingungen mit unermüdlicher Tapferkeit und Kraft unterstützt und begleitet hat.

Gerhard Mayer
(im Namen des Vereinsführungsausschusses)